Zahlreiche Fragen ereilten mich diesbezüglich – vielleicht sollte ich ihm einen eigenen Artikel widmen? Der große Unbekannte, der gerne im Hintergrund bleibt und doch eine so wichtige Position in meinem Leben einnimmt…
Eine Jugendliebe…
Ich lernte diesen Mann mit 16 Jahren kennen, ursprünglich war ich mit seiner Schwester befreundet. Wir alle gehörten zur Jugendclique des Yachtclub Breitenbrunn am Neusiedlersee. Ich war – wie meistens – eher die Außenseiterin. Segeln interessierte mich Nüsse und Weggehen durfte ich nicht. Ich musste um 22.00 h daheim sein und ärgerte mich grün und blau darüber. Doch bei meinem autoritären Vater gab es keine Diskussionen.
Dieser junge Mann, gut gebaut und durchtrainiert, Wasserballer und Schwimmer, war äußerst charmant. Auch er war nicht gerade der Partylöwe – hat sich übrigens bis heute nicht geändert – jedoch leidenschaftlicher Autofahrer. So war er natürlich immer gerne gesehen, wenn nach einer feucht-fröhlichen Nacht in der Disco ein Fahrer gesucht wurde.
Es kam wie es kommen sollte – es funkte am 1.9.1979 bei der 10 Jahres-Feier im Yachtclub. Es begann eine zuckersüße Romanze und wir blieben aneinander picken. Heute sind wir mehr als 40 Jahre miteinander verheiratet und haben zwei wunderbare Kinder. Mittlerweile sind wir mehr als zwei Drittel unseres Lebens beisammen – lass mich kurz nachrechnen: 60 – 17 = 43 Jahre!!! Eine unglaublich lange Zeit!
Gute Zeiten, schlechte Zeiten
Es gab Ups and Downs, gute und schlechte Zeiten, doch wir gingen immer respekt- und liebevoll miteinander um. Der MannMitHut ist mein Lebensmensch, obwohl – oder gerade weil – wir komplett unterschiedlich sind. Wer weiß?
Als hochintelligenter Workaholic war er beruflich immer engagiert und sehr gefragt. Ich hielt ihm den familiären Rücken frei, denn ich hatte immer vor, bei den Kids zuhause zu bleiben. Erst Jahre später begann ich im Direktvertrieb, um mich flexibel dem möglichen Zeitrahmen anzupassen.
Was ich meinem Mann immer hoch anrechnete: er stand bei allem, was ich beruflich tat, hinter mir und bot seiner Familie ein finanziell sorgenfreies Leben. Fast schon verzweifelt versuchte er, meine Entwicklung zu unterstützen und meinen Selbstwert zu heben. Er musste leidvoll zur Kenntnis nehmen, dass er diesbezüglich scheiterte, denn das konnte nur ich selbst tun.
Im Wandel der Zeiten
Wenn unsere Welten wieder einmal aufeinander prallen, frage ich mich schon häufig, wie wir diese Erschütterungen so lange ausgleichen konnten. Bis vor einigen Jahren war ich pflegeleicht und hatte selten eine eigene Meinung, so wurde es mir ja in die Wiege gelegt. Doch die Wechseljahre und meine Entwicklung haben viel verändert, jetzt darf der MannMitHut sich gewissen Herausforderungen stellen 🤣! Ich glaube jedoch, er freut sich darüber…
Das Leben hat uns viele schöne gemeinsame Jahre geschenkt, uns verbunden, durch Schicksalsschläge zusammengeschmiedet. Wir sind beide an den Herausforderungen gewachsen, gereift – mittlerweile weit entfernt von den beiden damaligen Kindern.
Würde & Respekt
Ich bewunderte immer, wie der MannMitHut mit seinen körperlichen Schwächen umging. Aufgrund einer Autoimmunerkrankung, die am Tage der Geburt unseres Sohnes ausbrach, musste er im Laufe seines Lebens akzeptieren, dass es körperliche Einschränkungen gibt, die hauptsächlich seine Augen betreffen. Eine ganz besondere Herausforderung in der IT-Branche! Doch er ist Master des Work-arounds!
Um die Augen vor Sonne und Lichteinfall von oben zu schützen, ist es für den MannMitHut notwendig, immer eine Kopfbedeckung zu tragen – und hier kommt jetzt das Thema Hut ins Spiel. Ja wegen des spärlicher werdenden Haarwuchses ist es natürlich auch von Vorteil… So kaufen wir in ziemlich jedem Urlaub einen neuen Hut, wir könnten bald ein Geschäft eröffnen…
Meine Lernaufgaben
Was modisches Outfit und die Anzahl der Worte angeht, leben wir in verschiedenen Sphären. So ist sein Lieblingshut ein völlig anderer als meiner, doch ich hab diesbezüglich resigniert. Jeder macht sein Ding, keiner missioniert den anderen – außer wir gehen miteinander weg… 😜
Akzeptieren und Annehmen statt Hadern und Jammern, das war und ist immer seine Devise. Nach vorne blicken, Chancen erkennen und dankbar dafür sein. Sich investieren ohne zu fragen, was bekomme ich dafür? Es kommt alles zurück – auch das ist immer sein Spruch. Der großzügige MannMitHut lebte stets nach dem Motto: leben und leben lassen. Er hat mich gelehrt, nicht nach dem Äußeren zu urteilen und nicht zu bewerten. Er ist mein Fels in der Brandung.
Gemeinsam sind wir stark
Nach mittlerweile 32 Jahren sieht er kaum mehr etwas und kann seit Jahren nicht mehr Autofahren. Glücklicherweise gibt es heute viele technische Hilfsmittel, die ihm seine Arbeit in der IT-Branche nach wie vor erfolgreich ermöglichen. Es ist für mich sehr schmerzhaft, zu sehen, was alles nicht mehr geht, doch gemeinsam meistern wir auch diese Hürde.
Wir sind ein eingespieltes Team und oft lachen wir, wenn wir im Urlaub irgendwohin finden müssen. So etwas wie Orientierungssinn ist mir völlig fremd, der MannMitHut hat jedoch einen eingebauten Kompass (mir komplett unverständlich). Mithilfe des Smartphones und seiner Ansage laufen wir dann – in diesem speziellen Fall war es Barcelona – und ich bekomme die Anleitung: „Dort vorne muss eine U-Bahn-Station kommen.“ „Ah ja ich sehe sie!“ „Gut rechts davon geht eine Straße weg und dann solltest du schon das Meer sehen!“ „Bingo!“
Liebe & Toleranz
Ich hab mich daran gewöhnt, dass wir z.B. im Falle eines Fluges (was ohnehin kaum mehr vorkommt) bereits 3 Stunden früher am Flughafen sind. Ich kann nachvollziehen, dass man bei einer Behinderung einen Zeitpuffer einplant, um genug Zeit zu haben auch mal in die Irre zu laufen (als MannMitHut fragt man ja nicht nach dem Weg 🤣) oder von zahlreichen früheren Geschäftsreisen ein gebranntes Kind ist. Zu oft waren Verspätungen an der Tagesordnung und es war sehr knapp – oft zu knapp – um den Anschlussflug zu erreichen.
Der MannMitHut übersiedelte nach dem Tod unseres Sohnes mit seinem Office in dessen nahegelegene Wohnung. Auch Alex war in der IT-Branche tätig. Hier schaffte er sich eine optimale Infrastruktur, um gut arbeiten zu können. Oder auch mal in perfekten Verhältnissen seinem Grand Prix Wochenende zu frönen 🤣… Diese Sportart zu verfolgen, gehört nämlich zu seinen großen Leidenschaften.
Wir gewähren einander viel Freiraum um unsere unterschiedlichen Interessen auszuleben. Auch das ist ganz bestimmt eines der Geheimnisse für eine funktionierende Beziehung. Doch jeder von uns weiß, wenn es drauf ankommt, ist der andere immer für ihn da.
Ich hab ihn sehr lieb, meinen MannMitHut!