Das größte Geschenk – Lebenszeit und Liebe

Viele einschneidende Veränderungen prägen die Wechseljahre. Oftmals auch die Entscheidung, wie es denn mit der Betreuung der eigenen Eltern weitergeht. In vielen Fällen betrifft das uns Frauen. Das Pflege-Gen wurde wohl eher uns in die Wiege gelegt bzw. anerzogen.

Trauer um Vergänglichkeit

Die Wechseljahre bringen viele körperliche Veränderungen mit sich, die uns in der Folge über unseren eigenen Alterungsprozess nachdenken lassen. Oftmals öffnen wir uns während dieser Sinnsuche gegenüber neuen Bereichen, wie z. B. der Spiritualität.

Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass hier ein Trauerprozess einsetzt: Trauer um die Jugend, den Verlust der straffen Figur, das schmerzhafte Bewusstwerden über Entscheidungen und Handlungen, die ich unterließ, als ich noch jung war. Aufkeimende Angst, dass mir die Zeit davon läuft, all das noch zu tun, was ich gerne erleben möchte.

morgendliches Journaling

Trauer war bis vor kurzem für mich ausschließlich mit dem Tod eines geliebten Menschen oder Tieres verbunden, doch das alleine ist es nicht. Die Anlässe dafür sind wesentlich vielfältiger. Ich durchlebe diesen Prozess gerade sehr intensiv mit meiner Mutter und werde in Kürze in einem eigenen Beitrag darauf eingehen.

Umso wichtiger wurde für mich die kontinuierliche Arbeit an meinem Mind-Design. Das Bewusstwerden über positive Wandlungen im Laufe der Jahre, Veränderungen im Bezug auf Äußeres zugunsten des Schwerpunktes auf meine innere Präsenz und Stärke. Achtsamkeit im Alltag, Dankbarkeit und das tägliche Annehmen dessen, was ist, sind zu meinem Mantra geworden. Journaling ist dafür mein gern genutztes Werkzeug. JETZT ist das Gebot der Stunde.

Sterben – Polarität zum Leben

Das Sterben gehört zum Leben, daran lässt sich nicht rütteln, so ist das mit der Polarität. Auch wenn wir dieses Thema gerne von uns weg schieben, die wenigsten denken ohne einen gewissen Anflug von Angst oder unangenehmen Gefühlen daran.

Die Konfrontation mit der Sterblichkeit der eigenen Eltern, fällt häufig ebenso in diese Lebensphase. Oftmals ist einer der Partner bereits verstorben und es ist schwierig für den Verbleibenden, sich alleine zurecht zu finden. Körperliche Gebrechen und Krankheit führen zu einem erhöhten Betreuungsaufwand. Natürlich kann die Notwendigkeit der Pflege auch andere Familienmitglieder betreffen.

Vom Schicksal gebeutelt oder zwecks Wachstum erwählt?

5 Monate nach dem Tod meines Sohnes verstarb mein Vater ebenfalls an einem Krebsleiden. Das war im Jänner 2021. Seither ist meine Mutter alleine, ich nahm sie alle zwei Wochen für ein paar Tage zu mir nach Wien. Kurze Zeit später begann ihre Leidensgeschichte mit zunehmenden Hüftbeschwerden und im Februar 2022 bekamen wir den langersehnten Termin für die Operation.

Eine Woche vor dem geplanten Termin hatte sie einen – glücklicherweise nur leichten – Schlaganfall und musste eine Woche ins Krankenhaus. Nach ihrer Entlassung blieb meine Mutter zwangsläufig bei mir. Mit 84 Jahren benötigt ein Mensch einerseits länger, um wieder zu Kräften zu kommen, andererseits war aufgrund der zunehmenden Schmerzen in der Hüfte ein Alleinsein nicht mehr möglich. Eine überraschende einschneidende Veränderung für beide Seiten.

Neue Prioritäten und Strukturen setzen

Mitunter kann es sehr schnell gehen, dass die Betreuungsintensität in die Höhe schnellt. Verschiedenste Einrichtungen bieten Unterstützung: stundenweise Sozialhilfen für daheim, stationäre Aufenthalte, 24-Stunden-Betreuung, Heimplatz… Je nach persönlicher Gegebenheit sind oftmals schwerwiegende Entscheidungen zu treffen, die auch das Leben pflegender Angehöriger grundlegend verändern. Mitunter ist es notwendig, eigene Pläne erst einmal den vorrangigen Bedürfnissen unterzuordnen.

So musste auch ich in den letzten Monaten erkennen, dass ich einen – oder besser mehrere Gänge – zurück schalten darf, um alles unter einen Hut zu bringen. Im Falle meiner Mutter hat sich der notwendige Zeitaufwand aus gesundheitlichen Gründen und damit verbundener Veränderungen, vervielfacht. Nichts desto trotz bin ich dran, mein Leben neu zu strukturieren und meine Prioritäten neu zu setzen.

Lebensabend im Familienkreis

Ich entschied, ihre Pflege zu übernehmen, denn glücklicherweise ist meine Mutter eine sehr angenehme und zurückhaltende Zeitgenossin. Oft wäre es besser gewesen, sie hätte sich gegenüber anderen auf die Beine gestellt und sich selbst mehr Bedeutung geschenkt. Ich kann Dinge nicht ungeschehen machen, jedoch viel für mein eigenes Leben lernen.

Der MannMitHut und ich ziehen betreuungstechnisch an einem gemeinsamen Strang. Das ist nicht selbstverständlich und ich rechne ihm das sehr hoch an. Wir wollen meiner Mutter einen möglichst angenehmen letzten Lebensabschnitt ermöglichen, da ist Kooperation gefordert.

Senioren-Single-Wohnung im Haus

In den letzten Monaten wurde das Zimmer meines verstorbenen Sohnes zur Senioren-Single-Wohnung umgebaut. Mit 1.9.2022 waren die Bauarbeiten im Kellergeschoss abgeschlossen und meine Mutter konnte – rechtzeitig vor ihrem 85. Geburtstag – in ihr Appartement übersiedeln.

Täglich arbeiten wir an neuen Routinen und optimieren unseren gemeinsamen Alltag. Es ist eine Wohltat für meine Mutter, nach sechs Monaten wieder ihren eigenen Bereich mit einem gewissen Mass an Selbständigkeit zu haben und dennoch die Sicherheit zu genießen, im Notfall versorgt zu sein.

Kaffeejause mit Mama

Mittlerweile war Mama heuer bereits fünf mal im Krankenhaus. Natürlich hätte ich mich nach einem Heimplatz umsehen können. Doch ich weiß ganz genau, dass das für meine Mutter, die grundsätzlich eine Kämpferin mit eisernem Willen ist, ein Grund zur Selbstaufgabe wäre. Alleine die Tatsache, dass ihre schöne neue Wohnung auf sie wartet, ist z. B. ein starker Motor beim jetzigen Spitalsaufenthalt. Heute hole ich sie wieder nach Hause, in der Hoffnung, dass jetzt mehr Ruhe und so etwas wie Alltag einkehrt.

Erfahrungsberichte und persönliche Herausforderungen

Hut ab vor allen, die sich der Pflege-Herausforderung aus ganzem Herzen stellen. Nicht immer ist es ohne weiteres möglich, eine zusätzliche Person, noch dazu einen alten Menschen, bei sich zuhause aufzunehmen. Nicht nur die räumlichen Voraussetzungen sind hier abzuwägen, zahlreiche persönliche und auch beziehungstechnische Entscheidungen spielen eine Rolle.

Oftmals wird unterschätzt, welchen Zeitaufwand und welche Hingabe die Pflege von Angehörigen mit sich bringt. Selbst Kombinationsformen mit sozialen Hilfsangeboten sind mit couragierten Entscheidungen und persönlichem Einsatz verbunden. Ich verfolge es nahezu täglich im engsten Freundeskreis.

Mit einem herkömmlichen Angestelltenjob lässt sich das mitunter nur schwer vereinbaren. Besuche in Ambulanzen und in Krankenhäusern sind zeitlich schwer einzugrenzen. Ich weiß nicht, wieviele Stunden wir seit Februar auf diese Weise verbracht haben. Hier kommt mir meine Tätigkeit im Network-Marketing sehr zu gute. Während des Wartens kann ich Emails beantworten, Kundenbestellungen durchführen oder mein Team informieren, es ist ein riesengroßer Vorteil!

Die Bereitschaft zu Pflegen erfordert weiters Mut, Kampfgeist, psychische Stabilität, Geduld, Liebe und Aufopferungsbereitschaft. Gleichzeitig bedarf es täglicher Reflexion und Achtsamkeit für die eigenen Bedürfnisse, um nicht in eine Negativspirale des Mitleidens zu kippen – derzeit eine meiner größten Herausforderungen. Das sind einige persönliche Erfahrungen, über die ich in Zukunft berichten werde.

Museumstage – Erinnerungen schaffen

Ich glaube, dass meine derzeit wichtigste Aufgabe darin besteht, schöne Erinnerungen zu schaffen. Die Zeit täglich zu nutzen und nichts mehr auf die lange Bank zu schieben. Museumstage – so nennt es John Strelecky in seinem Buch „The Big Five for Life“. Hier ein kurzes Video, falls du mehr darüber wissen möchtest.

Letzten Samstag feierten wir den 85. Geburtstag mit Familie und Freunden. Ich empfand dieses Treffen nach den intensiven vorangegangenen Monaten, den vielen Ups jedoch auch Downs, als eines der emotional berührendsten. Meine Mutter hat es sichtlich genossen und ich bin jedem einzelnen sehr dankbar, der es für sie zu einem Museumstag machte.

Geburtstagsfeier Mama 85er

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