Von Gscheid nach Mariazell/Basilika – Etappe 5

Sonnenaufgang auf unserer Strecke

Meine Heldinnen-Reise nach Mariazell (Teil 6/7)

Heute ist tatsächlich Tag 5 unseres persönlichkeitsbildenden Abenteuers – die 5. und letzte Etappe meiner Heldinnen-Reise nach Mariazell! Ich bin einerseits sehr stolz, andererseits hege ich leise Zweifel, ob ich den heutigen Tag ohne Probleme schaffe.

Die Mind Monkeys bescherten mir eine unruhige Nacht und feierten wieder mal ausgelassen Party! Geträumter Mindfuck ohne Ende, doch glücklicherweise bin ich jetzt munter und steuere bewusst in die positive Richtung.

Tages- und Endziel

von Gscheid nach Mariazell/Basilika

  • Wegstrecke 17,9 km
  • höchster Punkt 1.040 m
  • niedrigster Punkt 860 m
  • Dauer 4:15 Stunden
  • Geschwindigkeit 4,2 km/h
  • ↖︎ 290 m
  • ↘︎ 350 m

Tourenprofil

erstellt mit ©komoot

Es ist noch dunkel als wir uns fürs Frühstück fertig machen. Die Nacht war unruhig, mein Darm rebelliert ein wenig. Na super. Rasch ist alles gepackt, mittlerweile haben wir ja Routine. Wir wollen mittags in Mariazell ankommen, somit nehmen wir uns nur etwas Obst vom morgendlichen Buffet mit. Schade, dass wir nicht mehr Zeit zum Schlemmen haben, es schaut einfach köstlich aus!

Meine gut getapten Füße ließ ich gestern wie sie waren. Das Duschen war kein Problem, alles hält. Das will ich auf keinen Fall heute aufs Spiel setzen. Der Morgen ist herrlich kühl, die Stimmung draußen sensationell.

Wir marschieren gut gelaunt das erste Stück auf der Straße, vorbei an der Kirche Maria Gscheid. Dieser einfachen schlichten Kirche statten wir sogar einen Besuch ab, er wurde uns von Beatrix Onkel ans Herz gelegt. Dann stapfen wir weiter bis zur Abzweigung, die von der Straße weg führt.

Wahre Glücksmomente

Die Stimmung ist absolut phantastisch. Langsam heben sich die Morgennebel und die Sonnenstrahlen bahnen sich einen Weg durch die Wolken. Es ist einfach nur schön, immer wieder bleiben wir kurz stehen (die Betonung liegt auf kurz) und nehmen diese Eindrücke in uns auf.

Das sind wahre Glücksmomente, an die ich mich noch sehr lange erinnern werde. Schließlich biegen wir Richtung Walster ab und gehen auf einer Schotterstraße entlang von Wiesen und Wäldern.

Kunstwerke der Natur

Die Strecke ist sehr angenehm zu gehen, kaum eine Steigung, herrliche Temperaturen – wir kommen zügig voran und sind guter Dinge. Wir konzentrieren uns auf die Schönheit der Natur, es gibt so viel zu sehen. Vom Tau benetzte Spinnennetze in den Zweigen einer kleinen Fichte, die an einen geschmückten Weihnachtsbaum erinnern. Auch in der Wiese finde ich zahlreiche Kunstwerke der Natur, die im Morgentau schimmern.

Wir nähern uns der Wuchtlwirtin, einem sehr bekannten Ausflugsziel. Sie ist bekannt für ihre Vielzahl an Wuchtlspezialitäten, leider – oder besser Gott sei Dank – ist heute Ruhetag. Wir könnten ohnehin noch nicht viel essen, es reicht uns der Apfel vom Frühstück. Rasch drehen wir eine Videobotschaft und ich verkünde vollmundig, dass wir unseren Sieg quasi bereits in der Tasche haben…

Der Rastplatz vor dem Lokal ist einladend, in einem ausgehöhlten Baumstamm findet sich ein Kasten mit gekühlten, frischen Getränken. Hier wird Vertrauen noch hoch gehalten, die Kassa steht gleich daneben. Eine Katze kommt uns besuchen und verlangt lautstark nach Streicheleinheiten. Sie weiß genau, zu wem sie gehen muss…

Puzzle-Motive ohne Ende

Neben der Straße begleitet uns alsbald ein kleiner Bach, der schließlich immer breiter werdend, in den Hubertussee mündet. Im unberührten Bergsee spiegelt sich das Panorama wieder – eine unbeschreibliche Kulisse, die mich anfangs von meinen mittlerweile pochenden Schmerzen ablenkt.

Jetzt komme ich aus dem Schauen nicht mehr heraus. Die Kulisse erinnert mich ständig an ein 2000 Teile Puzzle von Ravensburger, ein Motiv jagt das nächste.

War der gestrige Tag landschaftlich reizvoll, das absolute Highlight ist die heutige Strecke! Wahre Motivation vonseiten der Natur, durchzuhalten und voran zu schreiten, alles aufzunehmen und einfach nur dankbar zu sein, diese Schönheit erleben zu dürfen.

Ich kann mich nicht satt sehen, gleichzeitig merke ich jedoch, dass jetzt der Punkt erreicht ist, wo ich einen immensen Leistungsabfall verzeichne. Mir tut alles weh, ganz besonders die pochenden Füße. Dennoch folge ich meinem Scout, wir haben das Ziel noch lange nicht erreicht.

Das heutige Learning: erst mit dem letzten Schritt ist die Etappe wirklich beendet. Erst dann hast du deinen Sieg in der Tasche! Es ist unglaublich, wie lange dir ein Kilometer vorkommen kann, wenn du ihn mit Schmerzen hinter dich bringst.

Der Rosenkranzweg

Nach einer weiten Bergabstrecke (autsch!) gelangen wir schließlich zum Rosenkranzweg, der entlang des letzten Wegstückes nach Mariazell errichtet wurde. Hier reiht sich eine Rosenkranzstation an die nächste, richtige Pilger versinken bei jeder Station ins Gebet. Dankstellen im wahrsten Sinne des Wortes.

Wir staksen weiter, holprig und mittlerweile steif, durch den Wald. Tatsächlich bleibt wieder ein hilfsbereiter Autofahrer stehen und bietet uns eine Mitfahrgelegenheit an. Es ist wahrlich verführerisch, doch ich habe nicht diese lange Strecke zurück gelegt um dann mit einem Auto vor der Basilika vorzufahren.

Ich lehne dankend ab und nehme meine persönliche Herausforderung an. Mittlerweile sind mir die Tränen näher als das Lachen, doch was solls. Ich gehe weiter.

Eine Station des Rosenkranzweges

Learnings

Ich denke darüber nach, was ich alles auf dieser Reise über mich lernte. Die Freundschaft mit Beatrix gewann an Tiefe, auch das ist ein wunderbarer Aspekt der letzten Tage. Es hätte ja auch sein können, dass wir froh sind, wenn es vorbei ist. Doch nein, es macht uns stark und schmiedet uns zusammen. Eine weitere Gemeinsamkeit, die uns verbindet.

Auf dem Wegweiser steht eine halbe Stunde bis zur Basilika. Au Mann, es tut so höllisch weh! Ich bewundere Menschen, die in solchen Momenten ihre letzten Reserven mobilisieren können. Obwohl ich eigentlich genau das, bereits die ganze Zeit mache, komme ich mir eher wie ein kleines Kind vor, das getröstet werden will.

Wir sind Heldinnen!

Noch eine Kurve – und jetzt sehen wir sie! Die Basilika Mariazell – sie ist wahrlich beeindruckend! Ich habe es geschafft, all meinen Ängsten zum Trotz! Und wenn ich auf Knien die letzten Meter krieche, ich komme dort unten an!

Nun übermannen mich meine Emotionen. Die Anstrengung, die Schmerzen, der psychische Druck der letzten Wochen, alles bricht über mich herein. Danke Beatrix, ohne dich wäre ich nie hier angekommen! Alleine hätte ich diese Reise nicht angetreten… Du bist ein hervorragender Buddy, meine Soulsister, meine Herzensfreundin – gemeinsam sind wir stark und jetzt fühlen wir uns tatsächlich wie Heldinnen!

Geschafft!

Mit dem 12.00 Uhr-Läuten der Glocken erreichen wir die Basilika und verwahren unsere Rucksäcke in einem Spind (mit ihnen darfst du nicht hinein). Anschließend betreten wir das Bauwerk und bestaunen ehrfurchtsvoll all den Prunk.

Ich sehe die Künstler jener Zeit vor mir, die mit den damaligen Möglichkeiten so prachtvolle Deckenfreskos und Skulpturen fertigten. Wieviele Verletzungen und Schmerzen hatten die wohl auszuhalten, wenn ihnen Farbe in die Augen tropfte und die baulichen Herausforderungen ihre Opfer forderten?

Langsam löst sich die Anspannung und ich bekomme weiche Knie. Ich sehne mich nach einem Mittagessen und möchte nichts wie raus aus den Schuhen. Doch ich fürchte, dass meine Füße dann komplett anschwellen, so lockere ich so gut es geht die Schnürsenkel und genieße unseren mittlerweile gefundenen Sitzplatz.

Erst jetzt wird uns klar, was wir geschafft haben. Genussvoll und stolz stärken wir uns mit deftigen Käsespätzle und lassen unsere Erlebnisse Revue passieren. Ich freue mich bereits jetzt darauf, all das zu verbloggen, das wird wohl noch einige Tage in Anspruch nehmen.

Back home again!

Anschließend macht sich Beatrix über die Rückfahrt mit der Mariazellerbahn (MzB), der sogenannten Himmelstreppe, schlau (so heißen die modernen goldenen Garnituren der MzB). Nach einem Pflichteis vom Pirker taumeln wir zum Bahnhof und erreichen fünf Minuten vor der Abfahrt die Himmelstreppe.

Wirklich köstlich!

Mittlerweile ziehen Wolken auf. Die Wetterprognose dürfte stimmen, der angekündigte Regen ist im Anmarsch. Jetzt kann er uns jedoch nichts mehr anhaben, wir sind froh und dankbar über das Traumwetter, das uns all die Tage begleitete.

In St. Pölten steigen wir um und landen schließlich wieder in Wien. Beatrix verlässt den Zug bereits in Meidling, ein eigenartiges Gefühl nun wieder auf mich allein gestellt zu sein. Am Hauptbahnhof nehme ich mir ein Taxi nach Hause. Beim Aussteigen donnert es bereits, eine Stunde später regnet es Schusterbuben.

Dremo begrüßt mich überschwenglich, er kann sich kaum einkriegen vor Freude. Kaya ist wie immer zurückhaltend. Auch der Rest der Family, Mama und der MannMitHut, schließen mich in die Arme. Es ist viel in mir passiert in diesen fünf Tagen, doch das sieht man von außen nicht. Die nächste Zeit wird zeigen, ob ich mit diversen Situationen besser umgehen kann.

„Großartig, was ihr hier geleistet habt!“ flüstert mir der MannMitHut ins Ohr. „Ich wußte von Anfang an, dass du das durchziehst!“

Teil 5/7: von St. Aegyd am Neuwalde nach Gscheid – Etappe 4

2 Kommentare

  1. Liebe Evelyne,
    wir haben diese Reise mit unterschiedlichen Beweggründen begonnen und ich denke auch „Antworten“ erhalten.
    Während des Weges haben magische Momente unsere Freundschaft zu einer Herzensfreundschaft werden lassen. 💖

    Ich bin sehr dankbar, dass du meine Reisebegleitung warst, dass du mir vertraut hast, meiner Wegwahl gefolgt bist, dass wir uns so wunderbar ergänzt haben und trotz der schmerzenden Glieder auch Lachen konnten.

    Stolz bin ich,
    ja,
    dass wir durchgehalten haben und ich würde jederzeit wieder mit dir gemeinsam so ein „Projekt“ gehen. 🥰
    Deine Freundin Beatrix

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