Silent Scarlet – die surrende Silver-Lady

14 Tage Komfortzonen-Stretching

Heute sind es genau 14 Tage, dass Scarlet bei uns einzog. Ich ziehe Resümee über die ersten beiden Wochen meines neuen Vespa-Lifestyles und jener Zeit, seitdem die endgültige Entscheidung pro Vespa fiel. Projekt Scarlet & Me – Edel-Komfortzonen-Stretching der Silver-Ladies

Projekt Scarlet & me 2024

  • ÖAMTC-Kurs am 8.8. (ich sitze erstmals in meinem Leben auf einem Moped!)
  • Testfahrt Vespa Elettrica am 9.8.
  • Bestellung am 12.8. – heute bin ich froh, dass Scarlet eine Silver-Lady wurde und doch keine RED-Edition
  • Lieferung in den Shop 28.8.
  • Anmeldung 5.9. (3 Anläufe)
  • Überstellung nach Hause 6.9.
  • erste zielgerichtete Fahrt 7.9.
  • gefühlter Wintereinbruch und Hochwasser 12.-16.9.
  • erste City-Tour 19.9.

Echt jetzt?

„Du bist noch nie im Leben auf einem Roller gesessen und jetzt bekommst du eine Vespa? Hat du überhaupt einen Führerschein, damit du damit fahren kannst? Wohin willst du denn dann, zum Einkaufen?“

„Ist das wirklich deine ureigene Entscheidung? Du wolltest doch nie ein Motorrad? Gerade du?“

Ja das alles ist mir bewusst. Noch vor sechs Monaten wäre es für mich undenkbar gewesen. Doch genau in diesen sechs Monaten habe ich mein Leben auf den Kopf gestellt. Anscheinend hat sich da einiges verschoben, an meiner Einstellung zu mir selbst und dazu, was ich noch erleben möchte. Vor allem aber: was ich mir zutraue.

Fahrtechnik-Kurs ÖAMTC

Diesmal dachte ich das Projekt Scarlet & Me nicht zu Tode, bevor es überhaupt begann. Ich meldete mich – wirklich sehr kurz entschlossen – beim ÖAMTC zum Fahrtechnik-Kurs an, der die Voraussetzung für den 111er Eintrag im Führerschein ist. Nicht lange nachdenken, Termin aussuchen, buchen. Echt Evelyne, du hast die Anmeldung jetzt weggeschickt?

Ja, hab ich – meine Mindmonkeys lieferten sich daraufhin eine wilde Party, besonders in der Nacht davor. Egal, ich zog es durch. Noch nie zuvor saß ich auf einem Roller, einem Moped und schon gar nicht auf einem Motorrad. Doch, ein Mal, da fuhr ich als Klammerafferl mit meinem Sohn Alex von uns zu ihm nach Hause, das sind ca. 2 km, großteils in einer 30er Zone.

Ja klar hab ich Herzklopfen, ich gebe es zu. Ich musste auch gelegentlich meinem spürbar unruhigen Darm eine Pause gönnen, fast wie vor dem Zahnarzt 😂. Doch was wenn’s klappt? Wenn das Projekt Scarlet & Me mir Spass macht und eine neue Freiheit vermittelt? Ich wachse und mich weiter entwickle, eben weil ich meine Komfortzone ein ganzes Stück weit verlasse? Wenn ich es nicht probiere, weiß ich nicht, was möglicherweise in mir steckt.

Zusatz 111 im Führerschein

Die nächste Herausforderung war der Amtsweg, schließlich handelt es sich um eine eingetragene Beziehung. Am 6.9. war mein erstes Date mit Scarlet geplant, nämlich die Abholung. Doch ich hätte erst am 1.10. einen Termin in Wien für den Eintrag in den Führerschein bekommen, im umliegenden Niederösterreich nicht vor Dezember!

Doch da hatte ich plötzlich eine Eingebung: vielleicht bekomme ich ja in den fünf Tagen, die ich den MannMitHut in Bad Gleichenberg auf Reha besuche, einen Termin auf der dortigen Bezirkshauptmannschaft? Den Eintrag kannst du ja in ganz Österreich machen lassen…

Mein lösungsorientiertes Denken fiel auf fruchtbaren Boden. Ich musste bloß nach Bad Radkersburg fahren und konnte dort auf der BH alles erledigen (Danke lieber Herr Knipitsch 😉 !). Als ich wieder in Wien ankam, wartete mein neuer Führerschein bereits im Briefkasten auf mich! Somit wieder eine Ausrede weniger!

Zulassung

Ich weiß genau, wie ich mich fühlte, als Alex sich das Motorrad kaufte. Ich war zu Beginn eine geradezu hysterische Mutter mit immensen Ängsten um ihr Kind. Heute weiß ich, dass ich im absoluten Mangeldenken verharrte. Auch später hatte ich oft alle Zustände, wenn ich auf der Straße Motorradfahrer sah.

Irgendwann beschloss ich, das Thema abzugeben, ich konnte es ohnehin nicht beeinflussen. Dennoch schickte ich jedes Jahr ein Stoßgebet zum Himmel, wenn Alex im Winter den Zulassungsschein still legte. Doch Motorradfahren war seine große Leidenschaft und heute weiß ich: recht hatte er, dass er es durchzog.

Apropos Zulassung: ich brauchte drei Anläufe bis ich mein grünes Taferl in Händen hielt. Nicht überall ist ein solches vorrätig, zu selten werden sie derzeit noch benötigt (ach ja: man sollte sich im Vorfeld über die Geschäftszeiten erkundigen 😉).

Erinnerungen

Nie vergesse ich Alex Ausspruch: „Es wäre mir lieber gewesen, sie hätten mich vom Motorrad geklaubt, als dass ich an Krebs sterbe.“ Wie gern würde ich ihn heute auf dem Motorrad sehen, ich würde sogar mitfahren. Es steht ohnehin bereits alles wo geschrieben…

Seine Ledergarnitur von der Rennstrecke hängt noch immer im Schrank und ein paar seiner Jacken habe ich mir behalten. Ich kann und will mich nicht von ihnen trennen. Heute bin ich froh, dass ich sie noch besitze, denn sie begleiten mich auf meinen Scarlet-Ausfahrten und verstärken das Gefühl, Alex auf dem Sozius zu wissen.

Einfach mal machen

Vor 14 Tagen zog Scarlet nun bei uns ein und erweitert unseren – mittlerweile bereits sehr dezimierten – Fuhrpark. Armin, ein guter Freund von Alex – und mittlerweile auch von uns – überstellte mir die surrende Silverlady von der Praterstraße nach Hause.

Wir stellten Scarlet aufgrund der unerträglichen Hitze in den hinteren Garten, um mal alles auszutesten. So konnte auch meine Mutter das hübsche Zweirad begutachten (ich glaube, da kamen ein paar Erinnerungen an alte Zeiten hoch 😉). Anschließend beschäftigten wir uns mit dem Einrichten und Pairen der Geräte und Apps. Smartphone und Vespa kommunizieren jetzt miteinander und die Klangqualität der im Helm integrierten Sprechanlage ist beeindruckend.

In den wenig befahrenen Gassen von Groß-Jedlersdorf drehte ich dann meine ersten Runden. Ich übte Starten, Modiwechsel, Anfahren und Ziel bremsen, Wegfahren in der Kurve und den Blinker auf der Geraden auch wieder abzudrehen, Scarlet so in unserem Vorgarten einzuparken, dass das Ladekabel bis zu Steckdose reicht und ich dennoch nirgends anecke…

Lächerlich? Ja vermutlich, doch für mich eine komplett neue Erfahrung. Heute ist mir egal, was die anderen davon halten.

Bewusste Inkompetenz

Anfangs heillose Überforderung, die mich an meine Fahrschulzeiten erinnerte und mir gerade deshalb auch wieder die Gewissheit gab, es schaffen zu können. Gecoacht und streng beobachtet vom MannMitHut war ich wirklich dankbar für die gut gemeinten Ratschläge. Die Tatsache, dass auch er in den letzten Monaten sehr an sich gearbeitet hat und wesentlich ruhiger wurde, machen es mir leichter, seine Tipps anzunehmen. Der erste Tag läuft ganz passabel und ich kann in dieser Nacht gut schlafen ✅.

Gleich am folgenden Tag nütze ich die Gelegenheit und mache meine erste zielgerichtete Fahrt zu einer Kinesiologie-Schulung ganz in der Nähe. Ich bin weit weniger nervös als am Vortag und alles klappt hervorragend – zweites Erfolgserlebnis ✅.

Verbundenheit

Seitdem dieses Projekt in meinen Gehirnwindungen herum spukt, fühle ich eine Verbundenheit mit Alex wie nie zuvor. Sie ließ mich heuer auch den 4. Todestag etwas gelassener begehen. Alleine dieses Gefühl entschädigt mich für manch aufkeimende Panikattacke, die ich mir einfach nicht zugestehe. Auch wenn mir das Herz in manchen Situationen bis zum Hals schlägt, zwinge ich mich dazu, den positiven Aspekt und nicht das Horrorszenario vor mir zu sehen. Ich wähle Liebe statt Angst und bin unglaublich beflügelt, wenn ich Scarlet am Zielort einparke und den Zündschlüssel abziehe.

Ich mag das Summen meiner Edelbiene und freue mich, wenn ich mit 70 km/h – ja auf geraden Strecken traue ich mich mittlerweile so schnell zu düsen – kein Verkehrshindernis bin. Dennoch fühle ich mich derzeit im Bereich von 30 bis 50 km/h wohler und weiß, dass lerntechnisch noch viel Luft nach oben vorhanden ist.

Silent Scarlet

Es tut unglaublich gut, zu sehen, dass ich etwas schaffe, vor dem ich noch vor wenigen Monaten absolute Panik hatte. Dem ich nie und nimmer Raum gegeben, geschweige denn zugestimmt hätte. Auch wenn ich immer um die Vespa unserer Freunde herumschlich – nie wäre ich auf den Gedanken eines eigenen Rollers gekommen. Es ist einfach ein unglaublich hübsches und stylisches Gefährt, das Urlaubsstimmung und Freiheit vermittelt. Und nun als Geburtstagsgeschenk vom MannMitHut vor unserer Haustüre parkt 💝.

Ja, es herrscht Glaubenskrieg zwischen den Anhängern der Verbrenner und den Liebhabern von Elektrofahrzeugen. Da ich keinen Vergleich habe stellt sich mir diese Diskussion überhaupt nicht. Als flexiblen Stadtflitzer haben wir natürlich die Elettrica gewählt, da wir sie bequem vor dem Haus laden können und den eigenen Strom dafür nützen. Für unseren nachhaltigen Fußabdruck, wie das heute so schön heißt. Das Motorengeräusch des Verbrenners brauche ich nicht zum Glücklichsein.

Herausforderungen

Das Kurvenfahren gehört zu meinen großen persönlichen Herausforderungen. Noch bremst mein Körper von ganz alleine, obwohl der Kopf weiß, dass das Gefährt stabiler ist, wenn eine gewisse Geschwindigkeit vorhanden ist. „Bleib drauf, Evi, nicht vom Gas gehen! Und schau weit nach vor, wo du hinfahren willst!“ höre ich dann eine strenge Stimme hinter mir. „Ja, Alex, ich weiß!“

Daran arbeite ich noch und übe fleißig weiter. Auch wenn sich in Korneuburg vermutlich die Passanten wundern, warum ich beim Kreisverkehr vor dem Bürogebäude vom Lagerhaus fünf mal im Kreis fahre. So viele Ausfahrten gibt es dort schließlich nicht, dass mir die Entscheidung für eine der drei gar so schwer fällt. Egal, es drängt sich zum Üben auf und dort ist eben nicht viel los.

Erfolgserlebnisse

Mittlerweile war ich bereits im 21. und 22. Bezirk unterwegs, gestern sogar in der City, als ich mich mit Freundinnen im Motto am Fluss traf. Hätte mir das jemand vor zwei Wochen gesagt, ich hätte nicht geglaubt, dass ich mich bereits über die Nordbrücke traue. Noch war es aufregend und ich hatte mächtig Herzklopfen, dazu stehe ich. Es zeigt mir jedoch, dass alles machbar ist und ich auch meine Mindmonkeys erziehen kann.

Jetzt lege ich diese Erfahrung auch auf andere Lebensbereiche um und räume auf. Mit alten Glaubenssätzen, Vorurteilen und Limitierungen. Ich nehme vom Leben, was immer es mir gibt. Ich habe mich lange genug begrenzt.

3 Kommentare

    1. Hallo Christine,
      das hast du mir im Vorfeld wohlweislich nicht verraten 😉! Ich übe weiter und mache demnächst mit einer lieben Freundin eine gemeinsame Tour – 2 Ladies, 2 Vespas! 🛵🛵 Der Weg der Silver-Ladies geht weiter!

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